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Contexo: Maschinenbau mit Leidenschaft für Mechanik

Im Porträt: Montagemaschinenbauer Contexo und die Familie Müller
Contexo: Maschinenbau mit Leidenschaft für Mechanik

Der schwäbische Maschinenbauer Contexo ist auf Highspeed-Montageanlagen für Massenartikel spezialisiert. Die Müllers bauen aber nicht nur Maschinen, sondern verstehen sich als Partner des Kunden bei der Industrialisierung seiner Produkte. Und sie übernehmen bei Bedarf auch gleich noch die Lohnfertigung.

Alles Müller – oder was? Nun, bei Contexo schon. Denn in Winterbach bei Stuttgart sind gleich fünf Müllers mit dabei, wenn es um den Bau der Hochleistungsmontagemaschinen für Massenartikel aus Kunststoff geht. Neben dem Firmengründer Karl Müller und seiner Frau Heide, die sich von je her um Administration kümmert, sind auch alle drei Söhne mit am Drücker: Jürgen (der Älteste) kümmert sich um die Technik und Auftragsabwicklung, Steffen (der Mittlere) verantwortet IT, Logistik und Supply Chain und Matthias (der Jüngste) ist für Vertrieb, After Sales und für die Lohnfertigung zuständig.

Auch der Vater, Karl Müller, ist immer noch aktiv: „Er ist bei uns so etwas wie unser Senior Sales President und kümmert sich vor allem um unsere langjährigen Kunden. Manche Kunden kennen meinen Vater seit 30 bis 35 Jahren“, sagt Matthias Müller. Solch langen Kundenbeziehungen sind kein Wunder, schließlich laufen die Contexo-Maschinen 20 Jahre und mehr. „Kürzlich war ich bei einem Kunden, der hatte eine Maschine meines Jahresgangs: 1985“, schmunzelt Matthias Müller mit einem gewissen Stolz in der Stimme.

Der Vater ist das Wikipedia

Generationskonflikte gebe es dabei keine: „Vater ist unser Wikipedia. Er gibt sein Wissen gerne an uns weiter und gibt uns Ratschläge – lässt uns aber auch machen: Denn er ist einfach glücklich, dass wir weiterführen, was er 1975 begonnen hat.“ Dass er einmal ins väterliche Unternehmen einsteigt, war für Matthias Müller schon immer klar. „Seit ich denken kann, bin ich mit den Eltern in die Firma gegangen. Ab dem Kindergartenalter habe ich die Nachmittage zwischen unseren Maschinen verbracht.“ Und so ist er 2013 seinen beiden Brüdern in die Contexo-Geschäftsführung gefolgt. „Und ich habe das nicht einen Tag bereut.“

Alle drei Brüder haben (bei benachbarten Firmen wie Schnaithmann und Bosch Packaging) eine Mechaniker-Ausbildung gemacht, dann den Techniker draufgesattelt und noch studiert. „In der Contexo-Geschäftsführung arbeiten wir super zusammen“, versichert Matthias Müller. Jeder Bruder bringe seine Stärken ein. „Bei uns gibt es nie ein Konkurrenzdenken. Immer geht es nur darum, für den Kunden die beste Maschine zu bauen.“

Montage in Highspeed

Und diese Maschinen sind echte Hochleistungsanlagen, denn Contexo ist spezialisiert auf den Bau von Highspeed-Montagemaschinen, die Kunststoffteile zusammenfügen. „Wir montieren alles, was nicht größer ist als zwei Fäuste“, verdeutlicht Matthias Müller. „Unser Spektrum beginnt bei Maschinen, die drei Millionen Teile pro Jahr montieren, und reicht bis zu 180 Millionen Teile pro Jahr und Maschine.“ Über die Jahre hat Contexo über 714 Maschinen gebaut: von der Hochgeschwindigkeits-Continuous-Motion-Anlage mit über 1200 Teilen pro Minute, über Rundtaktmaschinen bis zum Reinraum-Längstakter, der ein komplexes Minilabor vollautomatisch produziert.

Gerade diese Bandbreite sei ein großer Vorteil für Kunden, betont Matthias Müller: „Contexo ist eines der wenigen Unternehmen, das in hoher Frequenz alle gängigen Maschinentypen baut. Wir bauen Rundtakter, Längstransfer und Continuous Motion – und zwar im bunten Mix. Dadurch können wir dem Kunden stets den richtigen Maschinentyp für das jeweilige Produkt und die geforderte Taktzeit anbieten.“

Mechanisch synchronisiert

Die Kernkompetenz der Winterbacher sind mechanisch synchronisierte Maschinen – ob kurvengesteuert oder mit Königswelle. „Solche mechanischen Maschinenkonzepte sind einfach schneller und störungssicherer als elektrisch synchronisierte virtuelle Königswellen. Und unsere Maschinen laufen 20 Jahre, und zwar auf der ganzen Welt.“ Servoachsen baut Contexo natürlich auch ein – aber nur als untergeordnete Teilsysteme. „Der Hauptantrieb und die wichtigsten Bewegungen laufen alle mechanisch gekoppelt. Und unsere Kunden wissen und schätzen, dass Mechanik die Basis für unsere Maschinen ist.“

Contexo kann aber nicht nur für jedes Produkt und für jede Taktzeit das richtige Maschinenkonzept liefern, sondern kümmert sich mit großer Tüftelbereitschaft auch um die Prozesse in der Maschine: Bis zu 80 Arbeitsschritte und Prozesse können in die Anlagen integriert werden: ob montieren, versiegeln, stanzen, bedrucken, dosieren, fügen, kleben, schweißen oder lasern bis zur Vision-Inspektion und Qualitätskontrolle.

Alle Prozesse im Griff

Das alles realisiert man in Eigenregie. Matthias Müller: „Wir wollen Herr des Prozesses sein, schließlich wollen wir die Kunden kompetent beraten.“ Daher bauen die Müllers auch gerne Teststationen auf und arbeiten sich zusammen mit dem Kunden in seine Prozesse ein. „So kann der Kunde sicher sein, dass sein Produkt funktioniert, und dass wir den Prozess beherrschen“, betont Matthias Müller. „Der Kunde kauft bei uns nicht nur die Maschinen ein, sondern bekommt auch unser Team und unser Know-how. Wir verstehen uns als Partner, der dem Kunden hilft, seine Ideen und Produkte zu industrialisieren.“

„Simultaneous Engineering“ nennt man eine solche parallele Entwicklung von Produkt und zugehörigem Fertigungskonzept. Mit Blick auf Contexo und die Müllers könnte man aber auch sagen: Da haben fünf schwäbische Tüftler großen Spaß daran, zusammen mit dem Kunden, gemeinsam deren Ideen in automatische Maschinenprozesse zu gießen.

Vorzeigeprojekt Minilabor

Ein echtes Vorzeigeprojekt ist die Zusammenarbeit mit dem Diagnostik-Spezialisten Curetis aus dem benachbarten Holzgerlingen. „Mit Curetis haben wir gemeinsam ein automatisches Minilabor gebaut, um Tests auf Lungenentzündungserreger zu dezentralisieren.“ Mit Contexos Maschine fertigt Curetis nun Kartuschen aus Kunststoff für die molekulare Diagnostik von Infektionskrankheiten. „Das Miniatur-Labor ist weltweit das komplexeste seiner Art, ein bahnbrechendes Produkt“, schwärmt Matthias Müller.

Die Medizinbranche ist bei Contexo eine der Hauptsäulen: Neben medizinischer Diagnostik wie dem Lab on a Chip baut Contexo Highspeed-Maschinen für Medical-Devices und Verpackungen wie Deckel und Dosierspender oder EinmalSpritzen und Pipetten. Die Medizintechnik-Maschinen sind reinigungsfreundlich konstruiert und erfüllen bei Bedarf die Reinraumanforderungen ebenso wie die GMP-Bedingungen (Good Manufacturing Practice).

Matthias Müller: „Wir nehmen unsere Basisplattformen wie Kurve, Längstransfer und Continuous Motion sowie unsere Basisprozesse und passen diese auf die jeweiligen Branchen an.“ Denn neben der Medizintechnik adressiert Contexo auch die Getränke-Industrie – etwa mit Maschinen, die Verschlüsse für Getränkekartons montieren oder Push-Pull-Closures. Weiteres Standbein ist der Bereich Beauty & Home. Die montierten Produkte reichen vom Sprüher fürs Reinigungsmittel über Deckel für Duschgels bis zum Kajalstiften und Lippenstiften. Den Rest fasst Contexo unter Consumer Goods zusammen, dazu zählen Kugelschreiber, Klebestifte ebenso wie Kabelbinder oder CD Hüllen.

Spaß mit Sondermaschinen

Rund 17 Mio. Euro Umsatz macht Contexo mit diesen kundenindividuellen Maschinen und beschäftigt knapp 100 Mitarbeiter. Für Matthias Müller ist das genau die richtige Größe. „Wir sind groß genug, um weltweit agieren zu können, aber klein genug, dass wir als Geschäftsführung immer noch die Kunden, Projekte und Prozesse kennen.“ Der Kunde sei bei Contexo mehr als ein bloße Auftragsnummer, betont Matthias Müller, dem das Bauen von Sondermaschinen genauso wie seinen Brüdern sichtlich Spaß macht. „Denn es gibt jeden Tag eine neue Herausforderung, weil wir so viel Verschiedenes abdecken: Vom einfachen Plastikverschluss bis zum komplexen Medizintechnik-Device“, schwärmt Matthias Müller.

Aber Contexo ist nicht beim reinen Maschinenbau stehen geblieben, sondern agiert seit 2012 auch als Lohnfertiger. 2019 hat man in der Lohnfertigung 1,3 Millarden Teile produziert. Die Idee für die Lohnfertigung ist übrigens auf eine konkrete Kundenanforderung hin entstanden: „Der Kunde wollte unsere Maschinen kaufen, sie aber nicht selbst betreiben.“ Heute stehen in Winterbach rund 2400 m2 Produktionsfläche für Kundenprojekte zur Verfügung. Je nach Bedarf arbeiten die Mitarbeiter dort rund um die Uhr, sieben Tage die Woche und übernehmen die komplette Produktion. Damit helfe Contexo Kunden auch, saisonal große Mengen zu produzieren und trotzdem rechtzeitig zu liefern.

Auch temporäre Lohnproduktion

Weil man vor Ort die Möglichkeit habe, bestehende Maschinen für Auftragsproduktionen flexibel umzurüsten, ließen sich auch temporäre Lohnproduktionen mit geringen Investitions- und Anfangskosten realisieren, betont Matthias Müller. Neben der klassischen, dauerhaften Lohnproduktion bietet Contexo beispielsweise auch das First-Season-Modell. Dabei produziert Contexo die Zielmenge für die Markteinführung im Haus. Ist das Produkt erfolgreich, werden die Mitarbeiter des Kunden geschult und die Maschine ausgeliefert.

Vorteil für Contexo: „Normalerweise fahren wir die Maschinen nur zehn bis zwölf Stunden ein, dann gehen sie zum Kunden. So haben wir keine Lernkurve“, berichtet Matthias Müller. „Nun können wir lernen, wie unsere Maschinen im längeren Einsatz performen.“ Und so entstehen auch Ideen für Innovationen: Um einen Überblick über die Maschinen in der eigenen Produktion zu haben, hat Contexo auf OPC-UA-Basis eine Software entwickelt, die die Maschinendaten sammelt und grafisch aufbereitet. Diese Software will man auf absehbare Zeit auch extern vermarkten. Bei Contexo ist eben nicht nur alles Müller, sondern auch alles stets innovativ.

Contexo Gmbh

www.contexo-automation.de

Herrenäckerstr. 7–9

73650 Winterbach

info@contexo-automation.de


„Ich füge zusammen“

Die Ursprünge von Contexo liegen im Jahr 1975. Damals startete Karl Müller in der Scheune seiner Eltern im schwäbischen Winterbach im Remstal eine mechanische Werkstatt unter dem Namen Karl Müller Maschinenbau. Zunächst fertigte Karl Müller Metallbandsägen und Präzisionsteile, orientierte sich dann aber bald auf Automatisierungs- und Handlinglösungen. Unter dem Namen Müller & Kurtz GmbH baute man zudem Hochleistungs-Montage- und -Prüfautomaten, zunächst für die Schreibgeräte- und Kosmetikindustrie. Nach einer unverschuldeten Insolvenz wegen eines geplatzten Großprojekts auf der arabischen Halbinsel startet das Unternehmen 2008 unter dem neuen Namen Contexo wieder durch. Seit 2011 führen die drei Söhne das Unternehmen. Der Firmenname Contexo stammt übrigens vom lateinischen Wort contexere für zusammenfügen/verbinden.

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