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Jörg Rommelfanger, Leiter ABB Robotics Deutschland, im Interview

Interview: Jörg Rommelfanger, Leiter bei ABB Robotics Deutschland
ABB Robotics: „Programmierung so intuitiv wie möglich – vom Cobot bis zum Industrieroboter“

Wo er als neuer Leiter bei ABB Robotics Deutschland Akzente setzen will, warum ABB nicht nur mit Cobots die Robotik-Nutzung vereinfacht und wie er mit Robotik in der Logistik punkten will, verrät Jörg Rommelfanger im Interview mit der Automationspraxis.

Interview: Armin Barnitzke

Was haben Sie sich als neuer Leiter ABB Robotics Deutschland vorgenommen? Wo wollen Sie Akzente setzen?

Rommelfanger: Mir ist es ein großes Anliegen, dass Roboter am Arbeitsplatz einmal genau so üblich sein werden, wie es Laptops und Smartphones heute schon sind. Das gelingt zwar sicherlich nicht von heute auf morgen, doch immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland erkennen, welche Möglichkeiten sich ihnen mit roboterbasierter Automatisierung bieten. Ausschlaggebend dafür sind neben dem geringen Platzbedarf auch die einfache Programmierung und die schnelle Installation unserer Cobots, die intuitiv eingerichtet werden können.

Wie spricht ABB Robotics diese Robotik-Einsteiger konkret an?

Rommelfanger: Wir haben früh erkannt, welche Lösungen Robotik-Einsteiger benötigen. Yumi war 2015 der weltweit erste wirklich kollaborative Roboter. Unser Portfolio an kollaborativen Robotern haben wir zuletzt mit den Cobot-Familien Gofa und Swifti ausgebaut. Darüber hinaus eröffnet die einfache Programmierung Anwendern – vom KMU bis zum Konzern – den Weg in die Robotik. Daher sind wir bestrebt, die Programmierung so intuitiv wie möglich zu gestalten. Dies gilt nicht nur für die Cobots, sondern auch für die klassischen Industrieroboter.

Sind also gerade die Cobots ein Türöffner im Mittelstand?

Rommelfanger: Cobots sind ein Türöffner für die Automatisierung im Mittelstand, aber nicht der einzige. Sowohl Cobots als auch klassische Industrieroboter übernehmen körperlich anstrengende, monotone und wiederkehrende Aufgaben und entlasten Mitarbeitende. Das ist auch hinsichtlich des Fachkräftemangels wichtig.

Wie sieht diese einfache intuitive Programmierung konkret aus?

Rommelfanger: Jeder, der ein Tablet oder Smartphone bedienen kann, kann problemlos eine Vielzahl unserer Roboter und Cobots programmieren. Mitarbeitende können die ABB-Roboter also kurzfristig umprogrammieren, wenn andere Anforderungen an die Roboter gestellt werden. Vor allem Branchen mit geringem Automatisierungsgrad und Unternehmen ohne Erfahrung in der Robotik können von der einfachen Programmierung umfassend profitieren.

Soll diese einfache Programmierung also auch für Ihre Industrieroboter kommen?

Rommelfanger: Ja. Wir arbeiten daran, die Programmierung von Industrierobotern weiter zu vereinfachen. Wizard Easy Programming ist bereits für die Industrieroboter IRB 1100 und IRB 1300 verfügbar. Die Software basiert auf einfachen grafischen Blöcken, die Aktionen wie „Anfahren einer Position“, „Aufnehmen eines Objekts“ oder „Wiederholen von Bewegungen“ repräsentieren. Dieses Prinzip der Programmierung erlernen viele Kinder heute schon in der Schule.

Wollen Sie Ihr Cobot-Portfolio ausbauen?

Rommelfanger: Ja, wir werden das Cobot-Portfolio weiter ausbauen. Näheres werden wir zu gegebener Zeit kommunizieren. Derzeit stehen unsere Cobots Swifti, Gofa und Yumi zur Verfügung. Swifti ist ein schneller und präziser Cobot, der die Lücke zwischen kollaborativen und Standard-Industrierobotern schließt. Gofa ist ein Cobot, der für höhere Traglasten ausgelegt ist. Yumi ist ein ein- oder zweiarmiger, kompakter und agiler Roboter. Und mit unserer zertifizierten Sicherheitssoftware Safemove lassen sich selbst klassische Industrieroboter in kollaborative Anwendungen integrieren.

Wie sprechen Sie den Mittelstand gezielt an?

Rommelfanger: Wir stellen auf einer Online-Plattform die Automatisierung mittelständischer Unternehmen in den Mittelpunkt. Wir fokussieren dabei besonders das Potenzial von kollaborativen Robotik-Lösungen. Mit einer Investition in zukunftsfähige Produktionstechnologie können Mittelständler wettbewerbsfähig bleiben, wirtschaftlich in kleinen Losgrößen produzieren, den steigenden Kundenanforderungen gerecht werden und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Zu Ihrem Amtsantritt Anfang 2022 sagten Sie, dass Ihr Augenmerk auch auf der Erschließung neuer Branchen und Geschäftsfelder liegt. Welche sind das?

Rommelfanger: In vielen Segmenten verfügen wir ja bereits über langjährige Erfahrung: ABB-Roboter werden in der Automobil-, Elektronik- und verarbeitenden Industrie sowie in der Verpackungstechnik, in der Getränke- und Lebensmittelbranche oder im E-Commerce eingesetzt. Nun möchten wir uns noch mehr auf die Logistikbranche, das Gesundheitswesen und den Einzelhandel fokussieren. Wir haben uns organisatorisch so aufgestellt, dass wir Kunden aus den genannten Branchen mit integrierbaren Gesamtsystemen oder genau passender Applikationsausrüstung unterstützen können.

Welche Lösungen bieten Sie speziell für die Logistik an?

Rommelfanger: Unsere robotergestützten Automatisierungslösungen decken eine Vielzahl von Anwendungen in vier Schlüsselbereichen ab: Kommissionierung, Palettierung, Ein- und Auslagerung sowie Vereinzelung und Sortierung. Unsere neueste Innovation ist Flexbuffer, ein automatisches Lager- und Bereitstellungssystem für die Logistik. FlexBuffer besteht aus einem ABB-Industrieroboter mit verschiedenen Greifern, einem Softwarepaket, Lagerregalen sowie Fördersystemen für die Ein- und Ausschleusung von Waren. Das System kann flexibel für unterschiedliche Anwendungen etwa in der Intralogistik, der Lebensmittel- und Getränkeindustrie oder dem Einzelhandel eingesetzt werden.

Geht es Ihnen dabei auch um die Intralogistik in Industrieunternehmen?

Rommelfanger: Unsere Roboter können sowohl bei Logistik-Unternehmen als auch in der Intralogistik eingesetzt werden. In vielen Unternehmen ist die Produktion automatisiert, während es bei Logistikprozessen noch Nachholbedarf in Sachen Roboterunterstützung gibt. Zudem erfordern Trends wie Omnichannel-Vertrieb, ein starker E-Commerce und Same Day Delivery von kleinen wie auch großen Unternehmen eine schnelle und effiziente Sortierung, Weiterleitung, Zusammenstellung und Verpackung. Um unser Portfolio und unsere Kompetenzen in der Automatisierung der Logistik zu stärken, haben wir unter anderem mit Asti Mobile Robotics einen erfahrenen Hersteller mobiler Roboter übernommen.

Welche Rolle spielt der Zukauf von Asti Mobile Robotics für Ihre Logistik-Offensive?

Rommelfanger: Mit Asti erweitern wir unser Automationsangebot mit einem Unternehmen, das seit 2015 ein jährliches Wachstum von fast 30 Prozent erzielt. Die Produktpalette von Asti reicht von autonomen Zugfahrzeugen, Gütertransporten und Stückgutfrachtern bis hin zu Boxmovern. Damit können wir ein komplettes Portfolio für die nächste Generation flexibler Automation anbieten.

Haben Sie ein Beispiel für diese Synergien?

Rommelfanger: Der Einsatz mobiler Roboter macht ja die Ein- und Auslagerung, die Sortierung von Waren sowie die Produktion flexibel und skalierbar. Stationäre Roboter mit KI-Vision wiederum übernehmen die Kommissionierung, erkennen und lernen, wie man mit verschiedenen Objekten umgeht, während andere Roboter für die Verpackung und Palettierung zuständig sind.

Zielt der Asti-Zukauf auch auf neue flexible Produktionskonzepte?

Rommelfanger: Korrekt. Mit der Akquisition erweitern wir unser Angebot für die Logistik, aber auch für die Automobilproduktion. Fahrerlose Transportsysteme werden in beiden Bereichen benötigt, um smarte Konzepte umzusetzen, die einerseits Flexibilität ermöglichen und anderseits leicht skalierbar sind. Heute teilen sich verschiedene Antriebskonzepte häufig eine Fertigungslinie, vom Verbrenner über das Hybrid-Auto bis hin zum rein elektrischen Fahrzeug. Hierbei wird mobile Robotik eine entscheidende Rolle spielen.

Wie sieht die flexible Automobil-Fabrik der Zukunft aus? Soll es eine Matrix-Produktion aus modularen Roboterzellen geben, die durch AMR verbunden sind?

Rommelfanger: Genau in diese Richtung wird die Reise gehen. Unser revolutionäres Flexprod-Konzept für den Karosserierohbau kombiniert standardisierte Produktionszellen mit einem intelligenten Logistik-Konzept. Dadurch erhalten Kunden volle Flexibilität und Skalierbarkeit über Modelltypen und Volumina hinweg. Zudem verringern sich die Logistikschritte zwischen Lager und Produktion signifikant.

Geht es nur um Karosserie-Rohbau?

Rommelfanger: Nein. ABB-Technologien werden beispielsweise auch bei der Batteriefertigung eingesetzt – von der Zellfertigung bis hin zur Endmontage der Hochvoltspeicher. Die Batterie macht rund 40 Prozent der Wertschöpfung des E-Autos aus und ist damit das wichtigste Element. Um den Erfolg der Elektromobilität in der Zukunft zu sichern, muss die Batterieproduktion immensen Anforderungen an Effizienz, Dynamik, Flexibilität und Skalierbarkeit gerecht werden. Außerdem werden in Zukunft Nachhaltigkeit und Individualisierung eine große Rolle spielen. Bei der Lackierung können unsere Kunden zum Beispiel PixelPaint einsetzen. Mit PixelPaint wird durch die präzise Lackierung kein Lack mehr verschwendet und Fahrzeuge können kundenspezifisch lackiert werden.

Gibt es Synergien zwischen dem Automotive Geschäft (für das Sie ja weiter auch zuständig sind) und dem sonstigen Robotics-Markt? Sind der Mittelstand und die Automotive Welt nicht ganz verschiedene Baustellen?

Rommelfanger: Aus meiner Sicht können sich viele Branchen ein Beispiel in Sachen Automatisierung an der Automobilindustrie nehmen. Hier möchte ich beispielsweise die Baubranche nennen. Beide Sektoren weisen viele wesentliche Ähnlichkeiten auf. In beiden Fällen handelt es sich um Produkte, die den Zusammenbau eines Grundgerüsts erfordern, das dann durch die Anbringung einer Vielzahl von Bauteilen erweitert und ausgebaut wird, um das fertige Produkt zu erhalten. Auch andere Branchen mit kleinen, mittelständischen und großen Unternehmen haben ähnliche Prozesse, die vielerorts noch manuell erfolgen.

ABB AG Division Robotics

abb.de/robotics; Automatica B5.231


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