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Mitarbeiter fit für Industrie 4.0: KI-unterstütztes Lernen

Interview Elisa Hertzler, CEO Peers Solutions GmbH
Peers: „Aus Maschinenbediener wird Prozesssteuerer“

Peers: „Aus Maschinenbediener wird Prozesssteuerer“
Peers-CEO Elisa Hertzler: „Damit die Digitalisierung gelingt, ist einerseits neues Technikwissen erforderlich. Aber es müssen alle in der Fabrikhalle auch die Chancen und Risiken des Wandels verstehen.“ Bild: Peers Solutions GmbH
Die Digitalisierung verändert die Berufsbilder und Anforderungen in der Produktion. Peers hilft Industrieunternehmen, ihre Mitarbeiter individuell für die vernetzte Fertigung der Zukunft fit zu machen. Elisa Hertzler, CEO und Gründerin von Peers, über den Wandel und KI-basiertes Lernen in der Industrie

Wie unterstützt Peers Solutions die Personalentwicklung in produzierenden Unternehmen?

Hertzler: Trends wie Automatisierung und Digitalisierung verlangen neue Kompetenzen und Fähigkeiten in Unternehmen – welche genau und wer was für die Zukunft benötigt, ist für Unternehmen aufgrund fehlender Erfahrung oft schwer einzuschätzen. Wir entwickeln Lernpfade für den Mitarbeiterstamm. Auf Basis einer softwarebasierten Bedarfsanalyse werden individuelle Curricula für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erstellt, die aus verschiedensten Formaten bestehen – also nicht nur klassischen Schulungen, sondern auch E-Learnings, Mindset Talks oder Podcasts. Diese Angebote werden mit Learning by Doing im Unternehmen kombiniert.

„Die Maschinen werden schlauer und Assistenzsysteme erleichtern die Bedienung“

Wohin sollte denn beispielsweise der Fortbildungspfad in der Maschinenbedienung führen?

Hertzler: Wir sehen den Wandel von der Maschinenbedienung zur Prozesssteuerung. Künftig wird also die Person, die bisher an einer Maschine steht, nicht mehr nur eine Technologie, sondern mehrere bedienen – im Blechbereich zum Beispiel Schneiden und Abkanten. Die Maschinen werden schlauer und Assistenzsysteme erleichtern die Bedienung. Ein Assistenzsystem kann dabei ein Roboterarm sein, ein Ipad oder ein teilautomatisierter Zwischenschritt. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin nutzt das Plus an Zeit und Kapazität, um zwischen mehreren Maschinen hin- und herzulaufen. Die Person sorgt nicht mehr nur dafür, dass eine Maschine rund läuft, sondern sie überwacht den Prozess und ist in Gesamtverantwortung dafür zuständig, dass die maximale Produktionszeit ausgeschöpft wird.

Und was muss für die Prozesssteuerung gelernt werden?

Hertzler: Zunächst ganz banal der Umgang mit dem Assistenzsystem – sei es eine App-Programmierung oder einfach die Bedienung einer Software. Dann muss ich weiterführend Prozess-Knowhow besitzen, um beurteilen zu können, welche Kennzahlen ich mir anschauen muss und wie die Schnittstellen zwischen Systemen und Maschinen aussehen. Als drittes kommt Überfachliches dazu, denn damit die Digitalisierung gelingt, ist nicht nur technisches Wissen erforderlich – die Protagonisten müssen Sinn und Zweck der Digitalisierung verstanden haben. Wir bringen also auch Inhalte ein wie „Chancen und Risiken der Digitalisierung“ oder „Offenheit für Veränderung“ – und das Ganze anwendungsnah im Betrieb.

„Die Digitalisierung ist ein Katalysator für Vorhandenes.“

Wohin müssen sich denn Instandhalter oder Schichtleiter im Industrie 4.0-Kontext hinbewegen?

Hertzler: Wir unterteilen auch bei Führungskräften in technische und überfachliche Kompetenzen. So muss etwa Methodisches wie die Prozessoptimierung Lean Six Sigma in die Digitalisierung überführt werden. Wenn man also Prozesse zuerst optimiert und dann digitalisiert, so sollte man Methoden sowie Herangehensweisen kennen und wissen, welche Kennzahlen erforderlich sind. Beim Überfachlichen müssen zudem Kompetenzen wie Führungsqualitäten und Kommunikationsverhalten gestärkt werden – etwa auch das Führen von Konfliktgesprächen.

Das klingt banal.

Hertzler: Unseren Erfahrungen nach beschleunigt die Digitalisierung ein Unternehmen, weil die Prozesse verzahnter und Abläufe schneller sind. Da muss eine Führungskraft intensiver zwischen Bereichen kommunizieren und mehr erklären. Warum machen wir das? Wozu führt das? Was sind die Schnittstellen? Die Technik muss verstanden sein und dann kommuniziert werden. Und nun zum kritischen Teil: Die Digitalisierung ist ein Katalysator für Vorhandenes. Wenn also ein Unternehmen intern Schwierigkeiten hatte oder ein Manager Führungsschwächen besitzt, so werden diese Mängel noch stärker hervortreten. Wenn ein Schichtleiter also schon bisher mangelhaft kommuniziert und es nicht versteht, seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an die Hand zu nehmen, so fällt dies durch die Digitalisierung noch deutlicher auf.

„Wir pflegen eine große Datenbank, die sich aus verschiedenen Quellen speist.“

Woher weiß Peers Solution denn, welche Mitarbeiterprofile es gibt und wie sich diese verändern werden?

Hertzler: Wir pflegen eine große Datenbank, die sich aus verschiedenen Quellen speist. Dazu gehören etwa die Datenbank der EU-Kommission mit über 100.000 erfassten Skills für alle möglichen Berufsgruppen oder die ERA-Tariftabellen der IG Metall, die den vielleicht nicht mehr aktuellsten, aber vollständigsten Satz an Kompetenzen darstellt. Außerdem haben wir in den letzten Jahren für Projekte Hunderte von Unternehmen besucht. Mit diesem Wissen aktualisieren und vertiefen wir unsere Basis, sodass die Datenbank stetig wächst.

Wie läuft denn die Personen- und Kompetenzanalyse ab?

Hertzler: Zunächst einmal wird das Profil des Lernenden hinterlegt, entwickelt aus einer Selbst- und Fremdeinschätzung. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sowie die Führungskraft schauen sich das Ergebnis an und auf dieser Basis wird dann der Ist-Stand der Person festgestellt. In unserer Software ist eine gewaltige Zahl an Rollen hinterlegt, die auch neue Trends in der Produktion wie etwa die Smart Factory berücksichtigen. Die Firma wählt hier aus und unsere Software definiert den individuellen Entwicklungspfad.

Wie konkret sind die Analysen auf die Produktion bezogen?

Hertzler: Wenn jemand als Fähigkeit eine Maschinenbedienung beherrschen soll, dann können die Unternehmen diese Rolle nach ihrer Fertigung spezifizieren – es lässt sich genau angeben, welche Maschine konkret zu bedienen ist.

Berücksichtigen solche Lernpfade auch die Praxis?

Hertzler: Selbstverständlich. Generell orientieren wir uns an klassischen Lernstrukturen, die Theorie, soziales Lernen und Learning by Doing vorsehen. So ist auch ein Mentoring vorgesehen, also das Lernen von- und miteinander. Steht etwa bei einer technischen Schulung Bedienung des Maschinentyps XY auf der Agenda, so tauscht sich die Person mit einem Kompetenzträger im Unternehmen aus oder mit jemandem aus einem anderen Unternehmen, der die Maschine bereits bedient – er kann auch nur einfach zusehen und das Wissen dann im eigenen Unternehmen konkret anwenden. Dieses Learning by Doing wird häufig nicht als Lernen verstanden – wir machen dies bewusst und begleiten über die Softwareplattform. Im Allgemeinen trauen sich ja nur die Extrovertierten, beim Mentoring aktiv zu sein. Bei uns sorgt eine Art Steckbrief dafür, dass jeder und jede Lernende mit dabei ist.

Peers Solutions GmbH

www.peers-solutions.com


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