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Cobots: Nur trojanische Pferde für richtige Roboter?

Robotik-Experte Heiko Röhrig kommentiert den Cobot-Trend kritisch
Cobots: Nur trojanische Pferde für richtige Roboter?

Cobots: Nur trojanische Pferde für richtige Roboter?
Gehört den Cobots die Zukunft? Unser Gastautor, der erfahrene Robotik-Experte Heiko Röhrig von EGS Automation, ist skeptisch. Und sagt er auch warum.

Autor: Heiko Röhrig, EGS Automation

Cobots gehört also die Zukunft. Wirklich? Zumindest beim Gang über Messen oder beim Besuch einschlägiger Fachforen sowie angesichts der Berichterstattung in Fachmedien scheint es da überhaupt keinen Zweifel geben: Cobots, also collaborative robots, wohin man nur schaut.

Seit fast 25Jahren bin ich jetzt schon in der Robotik-Szene und noch nie war der (vermeintliche) Boom so sicher. In meiner Erinnerung fing das Ganze mit dem LBR von Kuka Mitte der Nuller-Jahre an, den ich damals allerdings als Spezial-Leichtbauroboter mit Kraft-Momenten-Sensorik und keineswegs als Cobot wahrgenommen habe.

Dann kam irgendwann um 2010 herum Universal Robots (UR) auf den Markt und seitdem hat sich eine stetig wachsende und inzwischen schier unüberschaubare Schwemme von Cobot-Herstellern entwickelt. Gleichzeitig ziehen die etablierten Industrieroboterhersteller ebenfalls mit immer neuen Cobot-Modellen nach.

„In den Fabriken arbeiten fast alle Roboter hinter Zäunen bzw. vom Menschen getrennt“

Allerdings: Wenn man nicht nur auf Messen, sondern auch regelmäßig in Werkshallen und Fertigungsstätten unterwegs ist, zeigt sich ein vollkommen konträres Bild. Fast alle Roboter dort arbeiten hinter Zäunen beziehungsweise vom Menschen getrennt durch Schutzeinrichtungen – auch und sogar der größte Anteil der Cobots!

Wirklich kollaborativer Betrieb ist die absolute Seltenheit und bei einem nicht unerheblichen Teil der Cobot-Anwendungen, meist aufgebaut im halbwissenden Do-it-yourself, steckt ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial für Leib und Leben der Mitarbeiter.

„Cobots sind nicht kostengünstiger , zumindest nicht bei vergleichbarer Qualität“

Auch kostengünstiger sind die Cobots nicht, zumindest nicht bei vergleichbarer Qualität zum Industrieroboter. Schließlich muss doch zusätzlich in jeder Achse die notwendige Kraft-Momenten-Sensorik verbaut sein. Aber zugegeben: Cobots sind in der Regel einfacher zu bedienen und zu programmieren. Die Cobot-Hersteller haben hier aus der Not eine Tugend gemacht: Den deutlichen Vorsprung im Funktionsumfang zu den etablierten Industrierobotik-Herstellern in kurzer Zeit aufzuholen war unmöglich. Den deutlich kleineren Funktionsumfang aber auf einfachen Bedienoberflächen abzubilden und Bedienung neu und moderner denken zu können, ohne Rücksicht auf die Bestandsanwender und deren Gewohnheiten nehmen zu müssen, das haben viele Cobot-Hersteller wirklich gut umgesetzt.

Zwickmühle zwischen Marketingversprechen der Cobot-Hersteller und Erwartungen der Endanwender

Als Automatisierer ist man in der Zwickmühle zwischen den Marketingversprechen der Cobot-Hersteller und den Endanwendern, die alle versprochenen Vorteile sowie den Betrieb neben dem Menschen plus Sicherheit nach Norm aber gleichzeitig maximale Ausbringung und bestmöglichen ROI erwarten. Die meisten Cobot-Anfragen enden dann doch in normalen Industrieroboter-Anlagen – auch weil ein kollaborativer Roboter für die meisten dieser Anfragen schlicht nicht erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund könnte man auch den Verdacht entwickeln, dass die etablierten Roboterhersteller nur deswegen Cobots anbieten, um bei entsprechenden Anfragen dabei zu sein und dann doch in den allermeisten Fällen beim normalen Roboter zu enden.

„Mehr geförderter Zeitgeist ist als ein nachhaltiger Trend“

Mein Fazit: Falls es die tatsächlichen kollaborativen Anwendungen wirklich in signifikanter Zahl gäbe – und die Normen und Sicherheitsanforderungen wirtschaftliche Realisierungen auch zulassen –, dann würde sich das Thema Cobot – gepusht von den großen Marketingbudgets –auf jeden Fall durchsetzen. Aktuell habe ich jedoch den Eindruck, dass es mehr geförderter Zeitgeist ist als ein nachhaltiger Trend.

Mir scheint es auch so, als ob die etablierten Industrieroboterhersteller die Cobots in erster Linie im Programm haben, um bei entsprechenden Anfragen auch berücksichtigt zu werden und dann im Projektverlauf doch umzuschwenken. Wenn der Cobot-Trend sich abschwächt oder endet wären sie ja auch weiterhin mit den normalen Modellen im Geschäft – ganz im Gegensatz zu den zahlreichen reinen Cobot-Anbietern, die sich neben den bekannten Cobot-Platzhirschen versuchen zu etablieren…

www.egsgmbh.de


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