Ein menschliches Haar ist in etwa 50 µm dick, die Fäden einer Spinne circa 5 µm. Wir kalibrieren Messmittel mit circa 0,5 µm“, erklärt Dr. Detlef Rübesame, Geschäftsleiter Technik der Perschmann Calibration. Der Kalibrierdienstleister aus Braunschweig kalibriert Handmessmittel wie Dorne und Einstellringe für Kunden aus dem Maschinenbau, der Automobilbranche oder aus dem Flugzeugbau.
„Der Koordinatenmessgerät-Hersteller Hexagon hat uns in Zusammenarbeit mit Kuka ein Konzept vorgestellt, wie wir unseren Kalibrierungsprozess automatisieren können, um viele verschiedene Messmittel in kürzerer Zeit kalibrieren zu können. Die Idee haben wir gleich aufgegriffen“, berichtet Rübesame. Seit Dezember 2017 steht nun bei Perschmann ein Kuka Flexfellow, eine mobile Plattform auf der ein sensitiver LBR iiwa Roboter verbaut ist.
Der Roboter, der auch zur Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) geeignet ist, arbeitet dabei im Drei-Schicht-Betrieb, um feinfühlig verschiedene Messmittel aus einem Materialbereitstellwagen aufzugreifen und diese dem ultra-hochgenauen Leitz PMM-C KMG zum Kalibrieren zuzuführen.
Vorteil: Der Vorgang wird verkürzt und der Kalibrierungsprozess kann kundenorientierter ausgerichtet werden, denn Sammelbearbeitungen verschiedener Messmittel sind mit dem Leichtbauroboter kein Problem mehr. „Die Automatisierung ist sinnvoll, da wir mit sehr großer Stückzahl arbeiten. Außerdem ist die Anlage so abgestimmt, dass sie auch längere Zeit autonom arbeiten kann“, erklärt Detlef Rübesame.
Autonome Nachtschicht
Denn das Messmittel selbst steuert den Messvorgang. Mit einem Data-Matrix-Code (DMC) leitet es alle wichtigen Informationen wie Messmittelart oder Durchmesser an das KMG weiter. So kann das KMG die Messung selbstständig einleiten, ein Eingriff eines Mitarbeiters ist nicht mehr notwendig. Und da der Roboter erkennt, wenn ein Fach leer ist und daraufhin eigenständig das nächste volle Fach ansteuert, kann der Roboter die Nachtschicht autonom durcharbeiten. Die Mitarbeiter finden am nächsten Morgen ein fertig kalibriertes Abladesystem vor.
Im ersten Arbeitsschritt bewegt sich der LBR iiwa zur ersten Transporteinheit und prüft, ob sich in den Rutschen Messmittel befinden. Anschließend entnimmt er diese und führt sie in der richtigen Position dem Lesegerät zu. Neben dem Scannen wird das Messmittel mit Luft abgeblasen, um Staub zu beseitigen und die Messung nicht zu verfälschen. Nachdem das System erkannt hat, um welches Messmittel es sich handelt, spannt es der LBR iiwa in die Aufspannvorrichtung. Anschließend beginnt das KMG den Kalibriervorgang. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, greift der Roboter das Messmittel wieder auf und platziert es in der zweiten Transporteinheit. Währenddessen werden die Informationen über den Kalibriervorgang an einen Computer übermittelt, wo das Zertifikat für jedes Bauteil erstellt wird.
Mit dem LBR iiwa hat Perschmann also die Möglichkeit, rund um die Uhr zu kalibrieren – und das sogar in zwei unterschiedlichen Modi: Während tagsüber die Produktion im sicheren, langsameren MRK-Modus läuft, kann über Nacht, wenn sich keine Menschen im Arbeitsbereich des Roboters aufhalten, in den vollautomatischen Modus umgestellt werden. Der LBR iiwa arbeitet dann mit der zehnfachen Geschwindigkeit, weil im mannlosen Betrieb andere Sicherheitsbestimmungen gelten. Durch die zusätzliche, vollautomatische Kalibrierung in der Nachtschicht gewinnt Perschmann zusätzlich Prüfkapazitäten.
Kuka AG
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