Startseite » Allgemein »

Was bedeutet „deliberate action“ in der Praxis?

Geänderte Anforderungen an Maschinen-Hauptschalter mit Drehantrieben für den Export nach Nordamerika
Was bedeutet „deliberate action“ in der Praxis?

Verschiedene europäische Maschinen- und Anlagenbauer, die ihre Erzeugnisse in die USA exportieren, aber möglicherweise auch Schaltgeräte-Hersteller, wurden trotz einer langen Übergangszeit von amerikanischen Normenänderungen überrascht. Selbst bei Inspektoren, die Schaltanlagen abnehmen, erkennt man teilweise Unsicherheiten. So haben viele Fachleute zunächst den Begriff „deliberate action“, im Zusammenhang mit Schaltschrank-Türverriegelungen, speziell bei Schaltern mit Drehantrieben, übersehen oder falsch interpretiert.

Schon lange mussten Hauptschalter unabhängig von der Stellung der Schaltschranktür bedienbar und abschließbar sein und die Schaltstellung musste jederzeit eindeutig erkennbar sein. Immer schon musste es eine Abhängigkeit zwischen der Verriegelung von Schaltschranktüren und dem Schaltzustand des oder der Hauptschalter geben. Es gelten zwei einfache Regeln: Der Hauptschalter eines Schaltschrankes darf lediglich eingeschaltet werden können, wenn alle Schaltschranktüren geschlossen sind und umgekehrt dürfen Schaltschranktüren lediglich dann geöffnet werden können, wenn der abschließbare Hauptschalter ausgeschaltet ist.

Jeder erfahrene Elektrofachmann weiß aber, dass man Fehler häufig erst finden kann, wenn man die Anlage im eingeschalteten, spannungsführenden Zustand untersuchen kann. Das gilt teilweise auch für die Optimierung von Parametern, die lediglich im Betriebszustand möglich ist. Diese Notwendigkeit erkennen die nordamerikanischen Richtlinien an. Sie lassen eine zeitweise Überlistung der mechanischen und/oder elektrischen Verriegelungen zwischen Hauptschalter(n) und Schaltschranktüre(n), auch im spannungsführenden Zustand, mit Werkzeug und durch erfahrene Fachkräfte zu.
In Europa und in anderen IEC-Ländern bevorzugt man Hauptschalter mit Drehantrieben und Türkupplung-Drehgriffen mit hoher Schutzart. Wenn man die Schranktür öffnet, befindet sich der Griff auf der Außenseite der geöffneten Tür und im Schrank sieht man auf den Schalter mit Verlängerungsachse und auf eine Hälfte der Türkupplung. Der Schalter ist bei offener Tür zunächst einmal nicht mehr bedienbar und nicht abschließbar. Leistungsschalter und Lasttrennschalter von Moeller können jedoch auch in dieser Situation direkt am Schaltergrundkörper abgeschlossen werden. Die fehlende Bedienbarkeit stellte bereits in der Vergangenheit ein Akzeptanzproblem für Türkupplungsdrehgriffe in Nordamerika dar. Moeller hat bereits vor vielen Jahren reagiert und einen Zusatzgriff angeboten, der im Schaltschrank fest auf die Schalterachse montiert wurde. Dadurch waren bereits in der Vergangenheit die Bedienbarkeit und Abschließbarkeit, auch bei offener Schranktür, gewährleistet. Die nordamerikanischen Normen lassen es nicht zu, dass der Elektriker spezielle Zusatzteile mit sich führen müsste, außer seinem persönlichen Bügelschloss und typisches Elektriker-Werkzeug. Die Bauteile für die Betätigung und Abschließbarkeit müssen deshalb immer fest mit dem Schalter verbunden sein und bleiben.
Die Forderung, dass der Schalter bei offener Schranktür lediglich durch eine „deliberate action“ bedienbar sein darf, verlangt eine zusätzliche, bewusste Handlung von erfahrenen Fachleuten beim Aufheben der Türverriegelung und beim anschließenden Einschalten des Hauptschalters. Der alte Zusatzgriff von Moeller, der weit über das Angebot von anderen Schalteranbietern hinausgeht, erfüllt nach Meinung von UL diese Anforderungen nicht.
Der neue „Supplementary Handle“
Der neue Zusatzgriff erfüllt, von UL bestätigt, die aktuellen Anforderungen (Bild 1). Die Lösung besteht darin, dass der im Schaltschrank auf der Schalterachse montierte Griff so gestaltet wurde, dass Nicht-Fachleute den Schalter nicht rein zufällig und unüberlegt einschalten können, sondern, dass erst eine Kombinatorik mehrerer Arbeitsschritte das Einschalten des Hauptschalters ermöglicht. Im Grunde genommen ist der Einschaltvorgang bei offener Schaltschranktür jetzt mit der Überlistung einer Kindersicherung beim Öffnen von Arznei-Flaschen vergleichbar.
Die neuen Griffe, 3 Griff-Baugrößen für 3 Schalter-Baugrößen, müssen zunächst um ca. 20° in Richtung „EIN, ON“ gedreht werden. In dieser Position muss der Griff axial in Richtung des Schalters gedrückt werden und anschließend über den restlichen Drehwinkel gleichzeitig gedrückt und gedreht werden (Bild 2). Wird der Griff in der 20°-Position nicht gedrückt, kann er bis zu einem Anschlag weitergedreht werden, ohne dass der Schalter betätigt wird. Zum Ausschalten sind keine besonderen Kenntnisse und Maßnahmen erforderlich. UL hat einen zusätzlichen Warnhinweis auf dem Schalter gefordert, der darauf hinweist, dass der Schalter lediglich durch Fachleute betätigt werden darf.
Moeller bietet komplette Hauptschalterbausätze an, die auf Schalter mit Kipphebelantrieben aufgebaut werden. Die Bausätze ermöglichen die Abschließbarkeit mit den Bügel- schlössern der Elektriker. Sie umfassen eine an die Schranktiefe anpassbare Achsverlängerung und einen Türkupplungsdrehgriff für den Einbau in die Schranktür. Die Bausätze werden mit schwarzen oder rot-gelben Griffen angeboten.
Die Normenkonformität der Lösung wurde von UL geprüft und bestätigt. Alle beschriebenen Hauptschalter- bausätze wurden bei UL und CSA approbiert. Andere Schaltgerätelieferanten vertreten zurzeit noch die Ansicht, dass jedes Betätigen eines Schalters, auch ohne besondere Maßnahmen, eine „deliberate action“ darstellt. Oder, dass das Abschließen eines Schalters mit einem Bügelschloss ausreicht und dass das Entfernen des Schlosses eine „deliberate action“ darstellt. Oder es wird einfach ein Loch in der Schaltschranktüre propagiert, durch das der fest auf dem Schalter montierte Griff aus dem Schrank herausragt. Bilden Sie sich selbst eine Meinung! Können Sie bei einem Schaltschrank der nach Nordamerika geliefert wird auf eine hohe Schutzart verzichten? Die Supplementary Handles sind auch für den Einsatz in IEC-Ländern zulässig und sie erhöhen als Weltmarkt-Lösung auch in diesen Ländern die Sicherheit beim Arbeiten an offenen, elektrischen Schaltanlagen.
Autoren: Dipl.-Ing. Wolfgang Esser, Dipl.-Ing. Udo Theis
Moeller GmbH www.moeller.net
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Automationspraxis 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Medienpartnerschaft RBTX.com

Informationen und konkrete Lösungen für die Low-Cost-Automation finden Sie auf dem Lean-Robotix-Marktplatz RBTX.com.

Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Kalender

Aktuelle Termine für die Automatisierungsbranche

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de